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«Es hat mir geholfen, mein Suchtverhalten besser zu verstehen und Ziele für mein eigenes Konsumverhalten festzulegen und umzusetzen.»
G. D.

11.02.2025

Null Komma null Promille

Im Januar wage ich den Selbstversuch und versuche, den «Dry January» einzuhalten. Trotzdem möchte ich nicht auf Genuss verzichten und will mich auch mit gesellschaftlichen Fragen zum Thema Alkohol auseinandersetzen. So viel vorneweg: Das muss ganz und gar keine trockene Angelegenheit sein.

Null Komma null Promille

Es gibt unzählige attraktive Alternativen zum Alkohol. Wasser ist nur die naheliegendste und vielleicht langweiligste. (Bild: Manu Schwendener/Unsplash)

Sabine Arnold

Der Dry January setzt sich immer mehr durch. Vor zwei Jahren nahm in der Schweiz jede achte befragte Person teil, und mehr als die Hälfte der Bevölkerung kennt den Begriff. Dieser macht es auch mir leicht, einen Monat lang komplett auf Alkohol zu verzichten. Zum Teil kündige ich schon vor einer Einladung bei Freund*innen oder Familie an, dass ich derzeit keinen Alkohol trinke und erhalte viel Verständnis – und leckere Alternativen serviert.

Ich mag bittere Limonaden sowie alkoholfreies Bier. Um mein alkoholfreies Repertoire zu erweitern, und den «trockenen» Monat nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern lustvoll anzugehen, treffe ich mich mit drei ambitionierten Barkeepern:

Der Trendsetter

In der Schweiz wird auch im Laufe des Jahres immer weniger Alkohol konsumiert, das bekommt die Gastronomie zu spüren. Dirk Hany hat diese Entwicklung schon vor ein paar Jahren erkannt und mit Verbündeten die Marke «Rebels 0.0 %» ins Leben gerufen. Verkauft werden sogenannte Botanicals, Destillate ohne Alkohol, die sich im Geschmack an die Originale Aperol, Gin, Amaretto oder Whiskey anlehnen. In seiner Bar am Wasser setzt der innovative Geschäftsführer auch – unter anderem – auf alkoholfreie Alternativen; von «Ersatz» möchte der 41-Jährige nicht sprechen. Die Drinks mit «No Volume», die er und sein Team kreieren, sind denn auch sehr aufwändig hergestellt und nicht preiswerter als die alkoholhaltigen. Der «Kaffir Kicker» zum Beispiel enthält eine bouillonähnliche Hauptzutat aus Kaffirlimettenblättern, Zitronengras und -schalen als Grundlage, die 48 Stunde vor sich hinköchelte. Der Drink schmeckt köstlich und verfügt tatsächlich über ein komplexes Aromaprofil.

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«Scarlett Seduction» nennt sich dieser alkoholfreie Drink. Er kostet in der Bar am Wasser fast ebenso viel wie ein Cocktail mit Alkohol.

Der Fantasievolle

Daniele Biondo hat die Grundzutat für den alkoholfreien Drink, den er extra für die Suchtfachstelle kreiert hat, selbst zubereitet. Der nullprozentige Drink enthält neben scharfen Chilischoten (Jalapeños), Ananas, beides in Form eines Cordials, einer Art Sirup, den der 33-Jährige mit Kohlensäure versetzt hat. Dazu gibt er einen Schuss des Seedlip Grove 42, eines alkohlfreien Destillats aus Zitrusfrüchten, Lemongrass und Ingwer. 

Der Chef-Barkeeper der IGNIV Bar findet es herausfordernd, einen Drink ohne Alkohol zu entwerfen, der trotzdem über einen «vollen Körper» verfügt, also rund schmeckt. Auch für ihn ist es inzwischen selbstverständlich neben alkoholischen Drinks auch Kreationen mit wenig oder ohne Alkohol zu servieren. Nach den Gründen, weshalb jemand keinen Alkohol trinkt, fragt er aus Diskretionsgründen nicht.

Der Traditionelle

Markus Blattner von der Old Crow Bar sammelt edle Flaschen mit Hochprozentigem aus aller Welt. Bei seinen Mocktails setzt vor allem auf Sirup, Essig (!) und Tees. Die Ersatz-Spirituosen mag er nicht. Er unterzieht jedes Produkt einem Geschmackstest. Bestanden hat für ihn bisher nur die alkoholfreie Martini-Kopie «Senza» von Isotta, die ich sofort in meine Hausbar aufnehme. Für die Dry-January-Aktion der Suchtfachstelle schlägt er einen erfrischenden «Aqua de Tigre» vor, der Ahornsirup, Zitronensaft, Gurkenscheiben, Pfefferminzblätter sowie Apfelschorle enthält.

Auch zu Hause probiere ich diverse alkoholfreie Varianten von Spirituosen, Bier und Wein. Bereits Anfang Januar lese ich in der «Neuen Zürcher Zeitung», dass die Nachfrage nach alkoholfreiem Wein zwar steige in der Schweiz, sich aber im Vergleich zum alkoholfreien Bier immer noch auf tiefem Niveau befindet. Kein Wunder! Die alkoholfreien Weine, die ich probiere, schmecken nicht gut. Die NZZ gibt mir recht. Sie schreibt: «Alkoholfreie Weine sind noch nicht auf demselben geschmacklichen Niveau wie herkömmliche Weine.» Anders ist es eben beim Bier, dessen alkoholfreie Varianten inzwischen geschmacklich gut mithalten können. Mein Favorit ist das «Non»-IPA aus der Migros. Der Grund ist, so entnehme ich der Zeitung, dass Bier ein weniger komplexes Aromaprofil hat als Wein.

Nüchtern und neugierig

Der Dry January bewirkt, dass das Thema Abstinenz in den Medien und auf Social Media mehr Aufmerksamkeit erhält als sonst. Es fallen mir immer mehr Menschen auf, die ganz aufhören mit dem Alkoholtrinken und zwar nicht wegen eines Suchtproblems, sondern aus freiem Willen. Die Bewegung dazu nennt sich «Sober Curiosity», was mit «nüchtern und neugierig» übersetzt werden kann. 

Wer sich schon länger mit dem Thema Alkohol beziehungsweise mit dem Nicht-Trinken auseinandersetzt ist die Journalistin Sarah Pfäffli aus Bern. Ihr Artikel «Warum ich keinen Alkohol mehr trinke», der auf dem Online-Magazin Kleinstadt erschienen ist, zog viel Aufmerksamkeit auf sich, «überwältigend positive», wie sie mir in einem Live-Interview auf Instagram sagte.

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Journalistin Sarah Pfäffli trinkt seit Jahren aus Überzeugung keinen Alkohol mehr. Sie wuchs in einem Restaurant auf.

Früher habe sie vermutlich ein «normales Trinkverhalten» an den Tag gelegt, sagt die Journalistin. Alkohol hat für sie, die in einem Restaurant aufwuchs, immer dazugehört. Sie habe gut und regelmässig getrunken, und sei auch noch ein bisschen stolz darauf gewesen, dass sie viel vertrage. 

Als Sarah Pfäffli Mutter wurde, habe sich jedoch Vieles verändert. Mit kleinen Kindern geht man nicht mehr oft aus, die Gelegenheiten für Alkoholkonsum werden weniger. Als scharfe Beobachterin fiel ihr aber auf, dass es inzwischen gang und gäbe ist, dass sich Müttergruppen neben dem Sandkasten ein Glas Prosecco oder eine Dose Bier gönnen. Das auch wissenschaftlich erforschte Phänomen nennt sich «Mummy Drinking». Immer mehr gut ausgebildete Frauen, die Kinder und Job unter einen Hut bringen müssen, neigen zu riskantem Alkoholkonsum. Sie versuchen auf diese Weise, der sie überfordernden Realität zu entfliehen und verwenden Alkohol als vermeintlichen Stresslöser.

«Kritisieren wir nicht die Wine Mums, sprechen wir auch über die Beer Dads»
Sarah Pfäffli, Journalistin und «Abstinenz-Rebellin»

Ein Freund riet mir einmal, ich müsse an Kindergeburtstagen den anderen Eltern unbedingt Alkohol anbieten, ansonsten sei der ganze Rummel nicht zu ertragen. Sarah Pfäffli kommentiert: «Dass wir es als Eltern nur noch aushalten, wenn wir trinken, finde ich eine traurige Botschaft an unseren Nachwuchs.» Aber man müsse dies auch als Zeichen für die komplette Überforderung deuten, in der sich viele Mütter vor allem mit kleinen Kindern befänden. Viele von ihnen seien nämlich isoliert. Der Feministin fällt aber auch auf, dass Väter nicht kritisiert werden, die am Samstagnachmittag am Spielfeldrand Bier in Halbliter-Dosen trinken, wenn ihre Kinder kicken. Den Vätern mache niemand ein schlechtes Gewissen.

Solche Phänomene zu hinterfragen und nüchtern, mit glasklarem Verstand gegen Missstände anzukämpfen, bezeichnet sie als rebellische Seite der Abstinenz.

Ich bin beschwingt vom Austausch mit Sarah und fühle mich auch sonst wunderbar, als der Januar sich dem Ende zuneigt. Ich habe mehr Energie, schlafe besser, kann mich gut konzentrieren. Ich habe keine Lust, sofort wieder mit dem Trinken anzufangen, aber die Abstinenz ins Unendliche zu verlängern, schaffe ich dann doch nicht. In meinen Skiferien trinke ich wieder Alkohol. Ein Glas Weisswein mit Freund*innen, zum Fondue nach einem Skitag. Es schmeckt gut, aber fühlt sich irgendwie falsch an.

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